Startseite | Aktuelles | Säumniszuschläge im Jahr 2022 verfassungsgemäß

Säumniszuschläge im Jahr 2022 verfassungsgemäß

BFH sieht Höhe durch Anstieg der Marktzinsen gerechtfertigt

Säumniszuschläge im Jahr 2022 verfassungsgemäß
Aktuelles
23.04.2025 — Lesezeit: 5 Minuten

Säumniszuschläge im Jahr 2022 verfassungsgemäß

BFH sieht Höhe durch Anstieg der Marktzinsen gerechtfertigt

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der Verzinsung von Steuernachzahlungen und Erstattungen bezweifelten viele Steuerpflichtige auch die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge. Nach ihrer Argumentation wäre darin ein Zinsanteil enthalten, der ebenfalls zu hoch sei. Mehrere entsprechende Klageverfahren scheiterten jedoch. In seinem letzten Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung hat der Bundesfinanzhof die Säumniszuschläge für Zeiträume ab März 2022 der Höhe nach ebenfalls für zulässig befunden (BFH, Beschluss vom 21. März 2025, X B 21/25 AdV).

Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung

Im Streitfall erließ das Finanzamt gegenüber der Steuerpflichtigen einen geänderten Einkommensteuerbescheid mit einer Nachforderung in sechsstelliger Höhe. Die Steuerpflichtige beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das Finanzamt zunächst ohne Sicherheitsleistung gewährte. Im Februar 2022 erließ das Finanzamt eine geänderte AdV-Verfügung, in der es die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig machte. Im Schreiben hieß es, die Vollziehung wird weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt, sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird.

Im Dezember 2022 wurde eine Grundschuld zu Gunsten des Finanzamtes eingetragen. Daraufhin gewährte das Finanzamt erneut AdV mit Wirkung ab Dezember 2022. In der Folgezeit vertrat das Finanzamt die Auffassung, für die Zeit März 2022 bis Dezember 2022 seien Säumniszuschläge entstanden. Dagegen wehrte sich die Steuerpflichtige. Angesichts des Wortlauts des Bescheids vom Februar 2022 habe sie davon ausgehen dürfen, dass die AdV ab Fälligkeit gewährt werde, sofern die Sicherheitsleistung erbracht werde.

Das Finanzgericht entschied, dass keine Säumniszuschläge zu zahlen sind. Es begründete seine Entscheidung damit, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestünden, weil mehrere Senate des Bundesfinanzhofs (BFH) in vergleichbaren Fällen AdV wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge gewährt hätten. Es sei nicht erkennbar, dass diese Senate ihre Zweifel aufgegeben hätten oder ihre Rechtsprechung durch Entscheidungen anderer Senate des BFH überholt sei.

Entstehung von Säumniszuschlägen

Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten fälligen Steuerbetrags zu entrichten. Dies entspricht 12 Prozent pro Jahr. Der fällige Steuerbetrag ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abzurunden. Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben.

Wird die Festsetzung einer Steuer aufgehoben, geändert oder berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Säumniszuschläge bestehen. Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen, wie Zinsen, Verspätungszuschlägen oder Zwangsgelder.

BFH-Urteil mit Licht und Schatten

Der BFH stimmte dem Finanzgericht im Urteilsfall beim Ergebnis zu, nicht aber bei der Begründung. Eine Aussetzung der Vollziehung eines fälligen Steuerbetrages ist zu gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Bescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel können auch durch verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich der zugrunde liegenden Norm begründet sein.

Für den BFH bestanden im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Finanzamtes, für die Zeit von März 2022 bis Dezember 2022 Säumniszuschläge festzusetzen. Die Fälligkeit der sich aus dem Bescheid ergebenden Nachzahlungen war durch die AdV-Verfügung zunächst aufgeschoben. Mit dem geänderten AdV-Bescheid vom Februar 2022 wurde die Fortdauer der AdV zwar unter die aufschiebende Bedingung der Erbringung einer Sicherheitsleistung gestellt. Es heißt dort aber ausdrücklich: „Die Vollziehung wird weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt (sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird).“

Diese Formulierung ist für sich genommen eindeutig: Sofern die geforderte Sicherheitsleistung erbracht wird, wird die Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt. Säumniszuschläge sind dann bei rückblickender Betrachtung nicht entstanden.

Fazit: Im konkreten Fall hat der BFH zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden.

Höhe der Säumniszuschläge weiterhin rechtmäßig

Der BFH äußerte sich aber auch zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen. Diese hatte er für Zeiträume bis einschließlich 2017 und gleichermaßen für die Zeit ab 2019 bereits mit Urteilen vom 23.08.2022 – VII R 21/21und vom 23.08.2023 – X R 30/21 bejaht.

Aufgrund des ab Februar 2022 nachhaltig gestiegenen Zinsniveaus bestehen für den BFH jedenfalls auch ab März 2022 keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge. Denn mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den dadurch auch in Deutschland ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen hat sich die Lage auf den Geld- und Kapitalmärkten grundlegend verändert. Der Kriegsbeginn führte dazu, dass die Zinssätze in der Folgezeit deutlich und sehr schnell gestiegen sind. Die ausgeprägte Niedrigzinsphase der Vorjahre hatte damit ein Ende gefunden. Dieses gestiegene Zinsniveau hat bis heute Bestand. Es handelt sich also nicht um eine kurzfristige Schwankung des Marktzinses, sondern um eine grundlegende Änderung der Verhältnisse.

Fazit: Der BFH schafft damit Klarheit, dass Säumniszuschläge für jeden angefangenen Monat weiterhin in Höhe von 1 Prozent des abgerundeten fälligen Steuerbetrags zu entrichten sind, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird. Es lohnt sich also, Steuern pünktlich zu zahlen, denn Säumniszuschläge können teuer werden.

Suchen
Format
Themen
Letzte Beiträge




Weitere interessante Artikel